Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit Münster befindet sich zusammen mit dem Berufsinformationszentrum (BIZ) im Gebäude Nevinghoff 20. Die Berufsberatung für Hauptschüler/innen gehört organisatorisch zum Team U25. Speziell für das „­Hiltruper Modell“ haben der zuständige Berufsberater der Arbeitsagentur Münster und der Verein „­Jugendhilfe Direkt e.V.“ ein besonderes Internetportal entwickelt (www.hiltruper-modell.de). Dieses Internetportal stellt das grundlegende Arbeitsmittel für die Beratung der Hauptschüler/innen dar. Mit ihm werden die Schüler/innen beginnend in der Klasse 8 vertraut gemacht. Bei dem Internetportal handelt es sich um ein Informationspaket, das aus mehreren kleineren Päckchen besteht.

Zum einen gibt es Informationen über die Arbeits- und Berufswelt. In einer die Schüler/innen ansprechenden dialogischen Sprache wird darüber informiert, dass es sehr viel mehr Berufe gibt, als sie selber kennen und es sich daher lohnt, in dieser größeren Zahl von Berufen nach dem eigenen Wunschberuf zu suchen. Die aktuell in Münster und Umgebung vorhandenen Ausbildungsberufe und Ausbildungsplätze werden vorgestellt, soweit sie für Hauptschulabgänger/innen infrage kommen. Des Weiteren befindet sich der Berufswahlfahrplan, den die Schüler/innen auch in Papierform bekommen, auf dem Internetportal. In ihm ist festgelegt, was beginnend mit der 8. Jahrgangsklasse von Halbjahr zu Halbjahr zu tun ist, um sich bis zur Mitte der 10. Klasse darüber klar zu werden,

• welchen Beruf will ich erlernen,
• welcher Ausbildungsplatz kommt für mich infrage,
• wann und wie muss ich mich bewerben?

Schließlich gibt es ein unterhaltsam angelegtes Frage-Antwort-Spiel „­MeHarvest“, etwa: „­Meine Ernte, die ich einfahre“. In ihm werden die Schüler und Schülerinnen aufgefordert, über sich selbst nachzudenken und sich über vier Fragen klar zu werden:

• was will ich,
• was kann ich,
• wo liegen meine Möglichkeiten,
• wie erreiche ich mein Ziel?

Insgesamt handelt es sich also bei dem Internet-Portal um ein aus verschiedenen Bausteinen bestehendes Informationspaket, durch das die Jugendlichen zur Berufsfindung animiert und zum Suchen und Finden des ihnen richtig erscheinenden Ausbildungsplatzes befähigt werden sollen. Der Berufsberater und die Diplom-Sozialpädagogin lassen jedoch die Jugendlichen mit diesem Informationspaket nicht allein, obwohl es sehr benutzerfreundlich gestaltet ist. Vielmehr wird dieses Medienangebot beginnend mit der 8. Klasse in den Wirtschaftslehreunterricht und eine direkte Informations-, Gesprächs- und Trainingsarbeit mit den Schüler/innen integriert. Dadurch lernen die Schüler/innen, selbstständig und gewinnbringend mit dem Internetportal zu arbeiten.

Zur Informations-, Gesprächs- und Trainingsarbeit von Angesicht zu Angesicht gehört für die Klassen 8, 9 und 10 unter Begleitung des Fachlehrers jedes Jahr einmal ein Besuch im Berufsinformationszentrum (BIZ). Hierfür steht jeweils ein ganzer Vormittag zur Verfügung. Der Berufsberater führt die Schüler/innen anhand des Internetportals in das Sachgebiet Berufsfindung aus der Sicht der Arbeitsagentur ein. Das geschieht durch einen Unterrichtsblock, der aus Vortrag und Unterrichtsgespräch besteht und durch einen zweiten Block, der im Medienraum des BIZ stattfindet. Hier müssen sich die Schüler/innen am PC anhand bestimmter Aufgaben in das Service-Angebot des Internetportals zur Berufsfindung einarbeiten, um es bei der Entwicklung des eigenen Berufswahlfahrplans selbstständig und optimal nutzen zu können.

Die Arbeit im BIZ wird mit dem Wirtschaftslehreunterricht rückgekoppelt und in Beratungs- und Trainingsblöcken außerhalb der Schule fortgesetzt. Im katholischen Jugendzentrum St. Clemens und den städtischen Jugendzentren (Lorenz Süd, JIB, 37 Grad) wird die Arbeit am PC fortgesetzt und der Umgang mit den verschiedenen Seiten des Internetportals ständig geübt. Gelernt werden u. a. das Abfassen von Bewerbungsschreiben und das Zusammenstellen von Bewerbungsunterlagen. In besonderen Trainingseinheiten werden Verhaltensweisen und Umgangsformen eingeübt, wie sie in Vorstellungsgesprächen und im Berufsleben üblich sind.

Überdies sind die Diplom-Sozialpädagogin und der Berufsberater für die Schüler/innen per E-Mail rund um die Uhr ansprechbar. Die darin liegende Möglichkeit, Ideen und Fragen spontan los zu werden und mit einer Antwort darauf rechnen zu können, wird von den Jugendlichen häufig genutzt und hat schon des Öfteren geholfen, Motivationsstaus auf dem Weg zu einem Ausbildungsplatz aufzulösen.

Einbezogen in die Beratungsarbeit sind auch die Eltern. Ihnen wird der gesamte Berufswahlprozess durchsichtig gemacht. Das geschieht auf den Elternsprechtagen. Sie werden eingeladen, am Berufsforum und an Bewerbungstrainings teilzunehmen. Auch wird ihnen geraten, sich an der Suche nach einem Ausbildungsplatz zu beteiligen, indem sie sich das Internetportal www.hiltruper-modell.de zusammen mit ihren Söhnen oder Töchtern anschauen und mit ihnen darüber sprechen. Im gemeinsamen Gespräch in der Familie sind schon manche Berufswahlideen entstanden, die bisher gar nicht in den Blick gekommen waren. Spezielles „Elterncoaching“ zu diesem Thema wird durch den Berufsberater und die Sozialpädagogin regelmäßig als Einzel- oder Gruppenveranstaltung angeboten.

Darüber hinaus hält die Berufsberatung der Agentur für Arbeit Münster weitere Hilfen bereit. Über entsprechende Bedarfe wird der Berufsberater zeitnah informiert und kann ggf. finanzielle Hilfen direkt einsetzen z. B. die Programme „Einstiegsqualifizierung“, „Ausbildungsbegleitende Hilfen“ etc.

Für diejenigen Jugendlichen, die nach dem Hauptschulabschluss keinen Ausbildungsplatz finden, gibt es sogenannte berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Sie werden von der Agentur für Arbeit Münster konzipiert und finanziert. Die Durchführung liegt in Münster in den Händen unterschiedlicher privater Bildungsträger wie Benedict School, Akademie Überlingen und anderen. In diesen Bildungsmaßnahmen bekommen die Jugendlichen die Gelegenheit, sich in verschiedenen Berufsfeldern umzutun, um sich endgültig darüber klar zu werden, welcher Ausbildungsberuf oder welche anderen beruflichen Arbeitsmöglichkeiten ihren Fähigkeiten entsprechen.

Bei den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen handelt es sich um integrierte Bildungsmaßnahmen, in denen die Aneignung beruflicher Grundfertigkeiten, eine betriebliche Qualifizierung, eine arbeitsplatzbezogene Einarbeitung sowie Sprachförderung und Förderung der Grundbildung miteinander verbunden werden. Hauptschulabgänger/innen ohne einen Hauptschulabschluss können diesen im Rahmen dieser Maßnahmen nachholen. Diese integrierten Bildungsmaßnahmen dauern bis zu 10 Monate. Die berufspädagogische Arbeit geschieht auf der Grundlage eines Qualifizierungsplans, der individuell erstellt wird. Neben den Fachkräften für die berufliche Ausbildung, die in Werkstätten und Betrieben mit den Jugendlichen stattfindet, gibt es die Bildungsbegleiter, die den Jugendlichen bis hin zu persönlichen Fragen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Für Hauptschüler/innen mit einem Abschluss gibt es aber auch die Möglichkeit, weiter zur Schule zu gehen. Gemeint sind die Berufskollegs. Sie bieten berufsbildende und allgemeinbildende Bildungsgänge verbunden mit praktischer Arbeit an.

Insgesamt entsteht für die Schüler/innen durch die Zusammenarbeit von Berufsberater, Fachlehrer/in, sozialpädagogischer Fachkraft und der Elternschaft ein Unterrichts-, Beratungs- und Lernnetzwerk, das an verschiedenen Lernorten stattfindet und in dem sich die Schüler/innen zunehmend selbstständig bewegen, um schließlich den für sie angemessenen Ausbildungsplatz zu finden.

Dieses Netzwerk ist allerdings kein statisches Gebilde. Ständig besteht die Notwendigkeit der Anpassung an die sich ändernden Rahmenbedingungen. Zu diesen Veränderungen gehören die arbeitsmarktpolitischen Umstellungen, durch die die Berufsberatung und die Finanzierung der Maßnahmen zur Ausbildungsförderung fortlaufend neuen Bedingungen unterworfen werden. Angesichts der schärfer werdenden Konkurrenz um Ausbildungsplätze sowie der steigenden Kompetenzanforderungen sehen sich die Hauptschüler/innen in der theoretischen und praktischen Berufsausbildung vor Aufgaben gestellt, die oft zu Mutlosigkeit führen.

Aus der Sicht der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Münster hat es sich daher bewährt, bei den Schüler/n/innen nicht auf den selbstläufigen Erfolg des Internetauftritts der Agentur für Arbeit zu setzen, sondern das hier beschriebene mehrschichtige Lerngefüge zu entwickeln, in Zukunft beizubehalten und kontinuierlich weiter zu verbessern. Solche Verbesserungsprozesse haben sich in der Wirtschaft bewährt. Sie sind dort unter dem Kürzel KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) bekannt. Aus der Sicht der Schüler/innen handelt es sich bei dem hier beschriebenen mehrschichtigen Lerngefüge um eine Lerndienstleistung, durch die sie in ihrem Wunsch, ihren individuellen Berufseinstieg zu finden, aktiv unterstützt werden.