MÜNSTER-HILTRUP. Die Abbrecherquote ist aktuell so hoch wie lange nicht. Jeder vierte Azubi schmeißt hin, war vor wenigen Wochen überall zu lesen. Für Hans-Werner Kleindiek, liegen die Gründe nicht in der Bezahlung, wie oft zu hören ist. Er ist überzeugt: Viele haben sich gar nicht informiert, was auf sie in der Ausbildung zukommt und ob die Arbeit ihnen tatsächlich Spaß macht. Ist das etwas für mich oder soll ich besser etwas anderes machen?
Damit die Schüler beim Übergang in den Beruf auf diese Frage die richtige Antwort zu finden, ist der der Verein Jugendhilfe direkt seit 34 Jahren aktiv. „Wir haben mittlerweile mehreren tausend Schülern beim Übergang in den Beruf geholfen“, resümiert Kleindiek, der den Verein als Vorsitzender leitet. Ein Baustein war stets das Berufsforum. Doch hier ist ein Wandel notwendig. „Das Berufsforum hat sich irgendwie totgelaufen“, sagt Kleindiek. Außerdem gebe es mittlerweile reichlich ähnlich gestrickte Ausbildungsmessen.
Der Verein Jugendhilfe direkt wird daher am 11. Juli erstmals einen Berufsparcours organisieren. Die Resonanz auf diese Idee scheint dem Verein recht zu geben. 350 Anmeldungen von Schülern der Hauptschule sowie der Realschule liegen bereits vor.
Der Fokus liegt dabei auf dem praktischen Tun. Die Schüler können erkennen, „was für Anforderungen auf mich zukommen“, wie Kleindiek es ausdrückt.
Wer interessiert ist, als Hotelfachfrau tätig zu werden, erhält die Aufgabe, einmal einen Tisch einzudecken. Wer Krankenpfleger werden möchte, hat die Chance, Blutdruck zu messen oder einen Verband anzulegen. Bei den Stadtwerken kann man lernen, Rohrverbindungen zu erstellen.
Praktisches Tun statt belangloser Plauderei und der Verweis auf Prospekte und Internetseiten. Beim Berufsparcours werden künftige Ausbildungsbetriebe erkennen, wie sich die Jugendlichen anstellen bei Tätigkeiten, die im Berufsalltag gefordert werden. Und die Jugendlichen erleben, was ihnen Spaß machen könnte und wo ihre Talente liegen.
Die Veranstaltung ist so organisiert, dass die alle Teilnehmer mit neun potenziellen Ausbildungsberufen in Kontakt kommen. Ausbildungsbetriebe wie die BASF, die Alexianer, Armacell, die Stadtwerke oder die Abfallwirtschaftsbetriebe kommen mit 350 potenziellen Berufsanfängern in den Kontakt.
Drei Durchläufe gibt es, um diese große Zahl zu bewältigen. Das alles findet in der Stadthalle Hiltrup statt.
Neue Mitglieder und Förderer erwünscht
Jugendlichen eine Perspektive ermöglichen und sie beim Übergang von der Schule zum Beruf zu begleiten – das ist die Aufgabe, die sich der Verein „Jugendhilfe direkt“ seit 34 Jahren stellt. Es ist ein kleiner Verein, der neue Mitglieder gut gebrauchen könnte. 45 Personen gehören ihm an. Viel zu wenige, um über eine gesicherte Einnahmeseite zu verfügen, sagt der Vorsitzende Kleindiek. „Mit Spenden können wir nur die Löcher stopfen.“ Gute Erfolge hat der Verein aufzuweisen. So beträgt die Vermittlungsquote in Ausbildungsberufe oder in Fördermaßnahmen 100 Prozent. Keiner fällt durchs Netz.
Von Michael Grottendieck – Originalartikel WN 30.06.2018